Stadt der Finsternis – Die Nacht der Magie (Ilona Andrews)

Zeitgenössische Phantastik („Urban Fantasy“). Mit Schwert, Dolchen und Magie bewaffnete Söldnerin tritt an, den Mord an ihrem Vormund aufzuklären und zu rächen.

Zusammenfassung

Kate Daniels ist Söldnerin in einem postapokalyptischen Atlanta und verdient ihren Lebensunterhalt (mehr schlecht als recht) damit, für ihre Kundschaft übernatürliche Probleme aus der Welt zu schaffen. Üblicherweise zieht das den Einsatz ihres Schwertes nach sich.

Dann wird ihr Vormund ermordet, und Kate schließt sich seiner Bruderschaft an, um seinen Mord aufzuklären und ihn zu rächen. Im Rahmen der Ermittlungen stößt sie darauf, dass er für das „Rudel“, Atlantas Zusammenschluss von Werwesen, Morde an ihren Mitgliedern untersucht hat. Es deutet alles auf die Vampire, die ebenfalls in Atlanta eine Basis haben, als Täter hin.

Andererseits findet sie heraus, dass in letzter Zeit erstaunlich viele Vampire vernichtet werden, und alles deutet auf das Rudel hin. Versucht da vielleicht jemand, den alten Konflikt zwischen den beiden Fraktionen auszunutzen und innerhalb von Atlanta einen Krieg zu entfesseln?

Welt

In der Welt dieser Serien funktionieren entweder technische Dinge, oder Magie, aber nicht beides gleichzeitig. Der Wechsel zwischen den beiden Kräften tritt zufällig und unberechenbar ein (und eigentlich immer dann, wenn es die Heldin am wenigsten gebrauchen kann).

Es ist ein Spannungselement der Geschichte, aber es ist mir schlichtweg unerklärlich, warum Magie und Technologie hier derartige Gegenpole sind. Abgesehen von manchen magischen Dingen bleiben für die Charaktere die Gesetze der Physik eigentlich in Kraft. Schwerkraft funktioniert, Dolche können geworfen werden, und so fort. Warum fallen dann Flugzeuge vom Himmel? Warum stützen Gebäude ein? Und warum eher Gebäude, die mithilfe von Maschinen gebaut wurden und eher nicht solche, die allein durch Menschenhand errichtet worden sind? Dass Magie und Technik sich negativ beeinflussen, finden wir in vielen Werken zeitgenössischer Phantastik, aber so krass wie hier ist es mir bisher nicht aufgefallen. Es scheint mehr, als wäre Technik „eine andere Art von Zauberei“, die sich mit der „althergebrachten“ nicht versteht und die sich gegenseitig bekämpfen. Da lobe ich mir doch die Welt von Artemis Fowl, in der die magiebegabten Wesen auch die brillanten Techniker sind. Für mich ein Wermutstropfen bei einer ansonsten sehr gut erzählten, spannenden und actionreichen Geschichte.

Der erste Band liefert eine Erklärung dafür: Je mehr die Leute an die Technik glauben und sie ihnen selbst mirakulös erscheint, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie während einer Magiewelle aktiv bleibt. Jetzt mal im Ernst…

Hauptcharakter

Kate Daniels kann ihre freche Klappe nicht halten und löst Probleme am liebsten direkt durch Beleidigungen und Gewalt anstatt lange drum herumzureden. Und schon Al Capone hat ja gesagt „Wenn du etwas wirklich willst, musst du deinen Worten mit einer Waffe Nachdruck verleihen“. Im durch den Einbruch der Magie und der daraufhin folgendem Zusammenbruch der Technik postapokalyptischen Atlanta muss man seinen Worten halt sehr deutlich Nachdruck verleihen. Da ist es unabdingbar, dass der Meinungsverstärker ein bluttrinkendes empathisches Schwert mit eigenem Namen ist. Ist doch klar.

Man kann es auch mit einem Zitat aus der Charakterbeschreibung am Ende dieses Buches kürzer fassen:

„[…] Fähigkeiten: Dinge mit übermäßigem Blutvergießen umbringen, Blödsinn reden, Autoritäten gegen den Strich bürsten […]“ (eigene Übersetzung). Das fasst den Hauptcharakter gut zusammen und gibt einem außerdem eine Beschreibung dessen, was Leser*innen der Serie erwartet.

Genre

Die Kate Daniels Reihe tanzt auf dem Grat zwischen Urban Fantasy und Romantic Fantasy, was aber erst in den nachfolgenden Bänden dieser Reihe stärker ins Gewicht fällt.

Anders als die klassische Fantasy hat die zeitgenössische Phantastik weibliche Hauptcharaktere hervorgebracht, die völlig für sich alleine überhaupt kein Problem haben, ihren Gegnern gehörig in den Teil zu treten, auf denen diese normalerweise sitzen. Heldinnen, die es nicht nötig haben darauf zu warten, dass ein Prinz vorbeikommt und sie rettet. Kate Daniels ist eine davon.

Als Freund actiongeladener Geschichten in und um Urban Fantasy muss man sich erst daran gewöhnen, dass das Sozialleben der Heldinnen in den sie betreffenden Geschichten eine größere Rolle spielt als bei ihren männlichen Kollegen. Sicherlich haben auch moderne Helden Freundinnen, die sind aber meistens mehr oder weniger im Hintergrund oder beteiligen sich (selten) an der Action, wenn sie selber entsprechend aufgestellt sind.

Harry Dresden, zum Beispiel, muss seine Liebe erst finden, sich dann um sie Sorgen machen, sie verteidigen und schließlich retten / rächen (und braucht dann einen Paladin und einen Erzengel um ihm zu erklären, welche Botschaft er gerade an diejenigen geschickt hat, die sich mit ihm und den seinen anlegen wollen). Damit unterscheidet er sich nicht wirklich von den männlich dominierten Vorbildern aus der Fantasyliteratur.

Dass die Beziehung zu dem gewählten Sozialpartner aber eine aktive Rolle in der Geschichte spielt, ist bei männlichen (Urban) Fantasy Helden eher selten. Es macht aber die Charaktere nicht weniger rund. Das Gegenteil ist der Fall: Kate Daniels muss sich, nachdem sie verpartnert ist, selbst hinterfragen, ihre Einstellung zu den Dingen anpassen und sich viel, viel mit ihrer*m gewählten Gefährten*in (genauere Angaben wären Spoiler) streiten. Damit wird die Beziehung Teil der Handlung und auch Auslöser von Konflikten sowohl innerer also auch äußerer Natur, zum Beispiel wenn die Heldin aus puren Trotz und entgegen aller Vernunft alleine Monster töten geht und sich damit (mal wieder) in Lebensgefahr begibt, auch, weil ihr das weniger unangenehm erscheint, als einen Streit am Telefon zu Ende auszutragen.

Ausgaben

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